Gut behütet von Schloss Greifenstein liegt das oberfränkische Heiligenstadt in einer malerischen Landschaft, in der wir gerne gut wandern gehen. In Kirchnähe finden wir einen schattigen Platz für das Auto und nutzen gerne die Einladung, die uns die offene Kirchentür bot.
Innen ist sie reich bemalt und geschmückt, doch irgendwie scheint die Gemeinde dem wachsamen Auge Gottes nicht zu vertrauen.
Der Büchertisch, von dem sich Kirchenbesucher Bücher oder Spiele gegen Geld nehmen dürfen, wird von einer Videokamera überwacht. Glaubt hier niemand mehr daran, dass der Mensch an sich gut sei und das entsprechende Kleingeld in die dafür vorgesehene Büchse wirft?
Die Straße geht direkt in den Wanderweg über
Wir gehen am örtlichen Supermarkt vorbei in Richtung Ortsausgang. Korrekt am Ortschild enden sowohl die geteerte Straße als auch der Bürgersteig: Hier fängt der Wanderweg an. Von hoch oben grüßt Schloss Greifenstein. Außerhalb des Ortes finden wir im Graben am Weg einen schönen schattigen und weich bemoosten Sitzplatz zum Vespern.
Während rechts der Schotterweg breit abbiegt und einen auf wichtig macht, führt unser Weg unauffällig geradeaus, fast als hätte er sich ein Tarnmäntelchen umgelegt. Wir gehen am Waldrand entlang und staunen. Rainfarn, Wiesenknopf, Schlangenknöterich, Schafgarbe, Wegwarte, Pimpinelle, Glockenblumen: Das Gras steht noch hoch und ungemäht. Eigentlich ist alles viel zu schön, um hier weiterzugehen. Ich könnte mich hier auf den Rücken legen, in die duftenden Kräuter hinein, den Wolken beim Ziehen zugucken und weiter nichts tun. Doch der Weg will weiter gegangen werden.
Ein schmaler Hohlweg führt bergauf
Im dunklen Wald nutzen wir einen schmalen Hohlweg, der uns langsam bergauf führt. Der Wald wird lichter – und das Gras reicht uns bis zum Bauchnabel. Oben angekommen, ragen überall bemooste Brocken zwischen den Bäumen. Manche erinnern an ein Murmelspiel der Riesen, andere sehen wie versteinerte Schildkröten aus. Oben am Waldrand ist der Weg hell und wird von lila Blüten gesäumt. Diese sind sämtlich von Schmetterlingen umflattert, welche wonnetrunken vom Nektar von Blüte zu Blüte torkeln.
Vom Schwedenfelsen ist die Aussicht grandios
Hoch über Zoggendorf liegt der Schwedenfelsen als steil aufragende Felsformation auf dem Altenberg. Wir stiegen über querliegende Bäume und bewundern die grandiose Aussicht über das Leinleitertal. Vielleicht hielt einst ein Posten hier Wacht, als im dreißigjährigen Krieg immer wieder Truppen durch die Gegend zogen. Von hier oben konnte er weit in die Ferne spähen und sehen, ob sich die Schweden im Anmarsch befanden. Warnte er die Talbewohner rechtzeitig, konnten sie rechtzeitig fliehen. Aber vielleicht diente der Berg und der Fels in dieser Zeit auch den Dorfbewohnern als Zuflucht.
Bergab geht es auf einem schmalen Pfad, an dem es viel zu entdecken gibt. Wer ein Kind als Begleitung hat, kann sich freuen: Es wird spannend. So führt ein kleiner Weg, eher ein Trampelpfad, bis zu den Kletterfelsen. Unter diesen verstecken sich kleinere Höhlen. Da wir leider keine Taschenlampe dabei haben, reicht das Licht nicht weit in den Berg hinein. Vielleicht erforschen wir diese Ecke ein anderes Mal.
Schmetterlinge über wildem Thymian
Wir gehen weiter nach unten und erreichen schließlich Burggrub. Auch an diesem Weg jagen Schmetterlinge über wildem Thymian. In den kleinen Dörfern rund um den Markt Heiligenstadt ist die Fränkische Schweiz noch ursprünglich. Hier baut nur derjenige sein Haus, der von hier stammt und auch hier bleiben will. Hier ist sämtliche Urbanität ebenso weit entfernt wie schnelles Internet und anderes Teufelszeug.
Die Inschrift verrät, dass es den Gasthof Hösch in Burggrub schon seit 1779 gibt. Das Bier jedenfalls ist frisch, kühl und nach unserer Wanderung genau richtig. Damit wir draußen im Schatten sitzen können, lässt die Wirtin die Markise nach unten.
Die Ureinwohner bleiben gerne unter sich
In diesen fränkischen Dörfern heißt die Devise: „Zamm bleim, keinen von außen reinlassen“, erklärt der urfränkische Mitbewohner. Längst hat sich auch in diesen Dörfern herumgesprochen, dass nicht alle Zugezogene nette Menschen sind. Manche führen gerne Prozesse, einfach weil die Turmuhr der Kirche zu laut schlägt oder der Hahn zu früh kräht. Daher haben es Auswärtige schwer, hier anzukommen und tatsächlich akzeptiert zu werden. In diesen Orten wird nur etwa alle zehn Jahre ein neues Haus gebaut, selbstverständlich nur von Einheimischen. Fremde dürfen dagegen gerne als Gäste hier weilen und für zwei Wochen im Gasthaus oder in der Ferienwohnung wohnen. Doch nach dieser Zeit mögen sie bitte wieder abreisen.
Zurück über den Panoramaweg
Nach Heiligenstadt zurück gehen wir über den Panoramaweg. Der Name hört sich zwar vielversprechend an, doch für echtes Panorama muss er noch üben. Er führt sonnenbeschienen am Hang entlang und ist an diesem heißen Tag sicher nicht die beste Wahl. Ein anderer Weg führt dagegen direkt am Leinleiterbach im Tal entlang, wie wir von oben sehen können.
Alte Wassermühle und Traufhäuschen
Am Ortseingang von Heiligenstadt sehen wir einen Badeteich, eine alte Wassermühle und ein Traufhäuschen. Der Besitzer werkelt im Garten vor sich hin, so dass wir ihn fragen können, woher das Traufhäuschen seinen Namen hat: Das heißt so, weil die Leute früher so arm waren, dass sie sich keine Dachrinne leisten konnten, sagt er.
Später habe ich selbst nachgeguckt und fand, dass die „Traufhäuschen“ deswegen so bezeichnet wurden, weil sie auf kleinen Grundstücken errichtet wurden. Diese waren nur so groß, wie das Dach der Häuschen reichte. Ein Armeleutehaus ohne Garten sozusagen.
In Heiligenstadt zurückgekehrt, wartete das Auto auf uns. Wir fuhren ein kleines Stück, hielten an einem Wegkreuz oberhalb von Hohenpölz und freuten uns wieder einmal über die schöne Aussicht.
Kirmes in Huppendorf
Auf einer Wiese am Rand von Huppendorf parken Autos. Wir werden neugierig, halten ebenfalls und parken unser Auto auf der Wiese.
In Huppendorf leben 140 Einwohner. Als wir kommen, richten gerade zwölf von ihnen den Kirmesbaum auf. Unter alten Bäumen stehen Bierbänke und Bierzelt. Wir finden es hier richtig einladend, setzen uns zu anderen Menschen auf eine Bank und feiern ein wenig mit. Es sieht gemütlich aus, wenn hier alle miteinander feiern, schunkeln, singen, essen und trinken. Wie es wohl sein mag, wenn man immer hier wohnt und jeder alles von jedem weiß? Ob ich das dann ebenfalls noch so nett fände, weiß ich nicht. Mir ist es ja ganz recht, dass mich die Nachbarn eben nicht als Kind kennen.
Lage und Ausgangspunkt der Wanderung auf der Karte