Miltenberg: Fachwerk, Tortürme und Stadtmauern
Wer mittelalterliches Fachwerk, Tortürme und Stadtmauern mag, ist in Miltenberg richtig: Das Städtchen am Main besitzt zwischen dem Würzburger und Mainzer Tor eine Altstadt in schönstem Fachwerk. Diese wird von der Mildenburg überragt und damit gewissermaßen gekrönt. Die Stadtmauer aus Buntsandstein legt sich bis heute wie ein schützender Gürtel um die teilweise immer noch recht schmalen Gässchen.
Die Mildenburg thront oben
Über dem Städtchen thront die Mildenburg. Vor gut achthundert Jahren errichtet, wussten die hier Herrschenden auch schon um die Macht des Marketings und waren auf ihren guten Ruf bedacht. „Milte“ weist auf das mittelhochdeutsche gütig oder freigebig hin, eine Eigenschaft, mit der sich die Herren der Burg schmücken wollten. Später ging die Bezeichnung auf die ganze Burg über, so dass die Eigenschaft, nicht aber der Adelsname überdauerte. Wie wohl fast jede Burg aus dieser Zeit war die Mildenburg von Anbau, Eroberung, Zerstörung und Wiederaufbau geprägt, bevor sie 1979 schließlich Eigentum der Stadt wurde. Heute treffen in den Gemächern alte Ikonen und zeitgenössische Kunst aufeinander, bilden einen reizvollen Kontrast und, wer weiß, vielleicht wispern sie insgeheim, wenn die Burg des Nachts geschlossen und sie unter sich sind.
Heimelig in globalen Zeiten
Fachwerk wirkt heimelig. Die bunten Balken mit ihrem Schnitzwerk, die manchmal verspielten Schnitzereien und überhaupt der Dreiklang aus Baukunst, Ornamentik und Farbe ist rund um den Marktplatz mehr als nur eine einladende Kulisse. Die Häuser wirken beseelt, als lebten die in ihnen verbauten alten Bäume weiter. Dass sie uns so vertraut sind, liegt vielleicht daran, dass Behausungen aus Holz, Lehm und Stroh bereits seit der Jungsteinzeit errichtet werden. Während Baumstämme Konstruktion und Dach bildeten, wurden die Wände mit Lehm verputzt, Stroh und später Ziegel hielten Regen und Schnee ab. Gerade in globalen Zeiten bietet die Besinnung auf den heimischen Rückzugsort eine Erholung, die mancher gar nicht so nahe wähnt.
Ästhetik für Fotografen
Die Kunst alten Handwerks sorgt für Stabilität und Geborgenheit, in der jede einzelne Wand liebevoll gestreichelt wurde. Lehm war billig, auch für Arme, wer Geld und Reichtum zeigen wollte, wählte teure Farbe. Je älter das Fachwerkhaus, desto einfacher oft das Fachwerk. Da sich die Steuer damals nach dem überbauten Grund richtete, bauten die Menschen das Erdgeschoss kleiner. Die Obergeschosse ließen sie dann Stück für Stück ein bisschen weiter nach vorne ragen.
Spätere Fachwerkbauten sind mit Erkern, Rosetten, Rauten und reichem Schnitzwerk an Pfosten und Ständern geschmückt. Giebel und Dächer sind dagegen oft mit Schiefer verkleidet, was damals gut gegen Wetter war, ist heute schön anzusehen.
Das alte Rathaus
Am Alten Rathaus zeigen Pegelstände, dass der Main nicht immer friedlich in seinem Bett blieb. Ursprünglich als Stadtwaage gebaut, mussten hier durchreisende Händler mindestens drei Tage lang ihre Waren abladen und feilbieten. Als wir vorbeikommen, steht die Tür zur großen Halle offen. Von der Decke hängen lange Stoffbahnen herab. Eine Treppe führt nach oben, zum Rathaussaal. Ich bin neugierig, drücke auf den Türöffner und sie geht tatsächlich auf. Unter den Fenstern mit ihren Butzenscheiben proben Musiker, einer fragt, ob wir was suchen. Nein, wir wollten nur gucken.
Der Marktplatz mit Brunnen
Der Marktplatz mit dem Marktbrunnen wird von prächtigen Fachwerkhäusern umrahmt, dazu der Schnatterlochturm, ein Torbogen aus der Renaissance. Ein Postkartenidyll.
Auf den Stühlen unter den Bäumen sitzen an diesem Sommertag jede Menge Menschen, die meisten von ihnen sicherlich Urlauber. Die schönen Fassaden ringsherum und in der Fußgängerzone zeigen, dass hier nicht mehr täglicher Bedarf, sondern Andenken und andere schöne Dinge feilgeboten werden. Dinge, die niemand wirklich braucht, die aber für einen kurzen Augenblick die Aufmerksamkeit auf sich ziehen: „Och, Willi, schau mal!“, ruft eine Frau. Doch Willi schiebt sein ohnehin schon schwer bepacktes Rad. Er hat keinen Blick, weder für den Fußabtreter mit toskanischer Landschaft noch für das Kerzenglas, ihm reicht sein Gepäck. Und so stellt er sich taub, schlurft weiter, schiebt das Rad, bis Elfriede endlich hinterher kommt.
Rund um Miltenberg unterwegs
Ob unten am Main, im Spessart oder Odenwald: Rund um das kleine Städtchen gibt es reichlich Landschaft und damit viele weitere Ziele.
Lage von Miltenberg auf der Karte
Königsberg, eine weitere wunderschöne fränkische Stadt mit Fachwerk