Ich sitze im Café, werde bedient, um mich herum murmelndes Summen. Wären Juden unter den Gästen, ich könnte sie weder erkennen, noch identifizieren. Frühere Herrscher sorgten oft dafür, dass sie auch jenseits von Schläfenlocken, Tallit oder Kippa klar erkennbar blieben, forderten Judenhut oder gelbes Band um den Ärmel, wie in Regensburg im Jahre 1067. Jüdisches Leben gehört ebenso lange zu unserem Land und Mitteleuropa wie das Christentum selbst.
Für Juden galten über Jahrhunderte hinweg eigene Vorschriften und Edikte, mal wurden sie geduldet, mal vertrieben, verfolgt oder erschlagen, sogar dann, wenn sie seit Generationen Tür an Tür oder wenigstens Viertel an Viertel wohnten. Als sie 1499 aus Nürnberg vertrieben wurden, waren sie in Fürth willkommen, ebenso in den Dörfern der Fränkischen Schweiz oder in Adelsdorf im Aischgrund. Siedelte sich eine Familie an, folgten ihr oft andere nach, sie handelten, bauten Häuser und lebten hier ganz selbstverständlich, zahlten spezielle Steuern oder Schutzgelder.
Sie kleideten sich nach ihren Vorschriften, aßen anders, badeten – und das zu einer Zeit, als die Menschen im Mittelalter Baden und andere Reinlichkeiten für eine Sache des Teufels hielten. Alles hätte gut nachbarschaftlich laufen können, gäbe es nicht diese eine verflixte Angewohnheit mancher Menschen, für eigenes Unglück oder erlittenes Unrecht einen Schuldigen zu suchen, einen, an dem sich die Wut über die ertragene Schmach oder den Hunger entladen konnte.
Die Obrigkeit duldete es zumeist, oder hetzte selbst, lenkte es doch davon ab, dass sie selbst prassten, das gemeine Volk ausbeuteten, sie hatten mitnichten Interesse daran, wie es ihren Untertanen ging, Hauptsache, es blieb ruhig und die Wut richtete sich weder gegen den Fürst noch den Bischof.
Weil die Begehrlichkeiten in der neidischen Natur des Menschen liegen, kam Moses mit seinen Gesetzestafeln einst vom Sinai: »Du sollst nicht begehren des nächsten Hab und Gut«, erhob diese Maxime zu einem der zehn Gebote. Daran mussten sich leider nur die halten, denen weder Macht noch Waffen zur Verfügung standen. Man braucht oft nur ein wenig am Lack der Zivilisation zu kratzen, schnell wird der Futterneid sichtbar, selbst oder vielleicht gerade dann, wenn die Zeiten halbwegs passabel waren.
So ging es über Jahrhunderte, mal weniger gut, mal besser und je fortschrittlicher die Zeiten wurden, um so mehr fühlten sich die Juden hierzulande zu Hause. Deutschland war ihre Heimat. Sie waren stolz darauf und bekamen ganz offiziell immer mehr Rechte.
Im jüdischen Museum Franken in Fürth sind Spuren des alltäglichen jüdischen Lebens zu sehen, von den leicht gerundeten Sandsteinstufen, die nach unten in den Keller bis zur Mikwe, dem rituellen Bad führen, bis zu den knarrenden Stufen hinauf zum Dach.
Weil zum Laubhüttenfest Sterne über den Menschen funkeln sollen, lässt sich ein Teil desselben öffnen und erlaubte es den Bewohnern, unter freiem Himmel zu essen, schlafen und feiern.
Lage des jüdischen Museums Franken auf Karte
Das jüdische Museum Franken mit seiner Dependance in Fürth hat eine lange jüdische Geschichte, es ist ein altes jüdisches Haus, das immer weiter ausgebaut, aufgestockt, weitergebaut wurde, so, wie es möglich war, so, wie es gebraucht wurde. Die Dauerausstellung zeigt Relikte jüdischen Lebens, vom Anbeginn bis zur Neuzeit, von der ersten Erwähnung über die Blüte bis zur endgültigen Vernichtung. Die kleinen Räume führen mich verwinkelt durch das Gebäude, manche Türen sind so niedrig, dass ich unwillkürlich den Kopf einziehe. Wer baut ein Haus? Der, der sich sicher fühlt, hier zu Hause ist.
Doch alles war vergeblich.
Es war vergeblich, wie viel die Juden zuvor für das Land getan hatten, das sie längst als Heimat betrachteten. Es war vergeblich, dass sie die deutsche Sprache als Muttersprache sahen: Binnen kurzer Zeit wurden sie von geehrten Mit- und Ehrenbürgern zu Ungeziefer, das niemand haben wollte. Auch wenn in vergangenen Jahrhunderten Pogrome wüteten und die Juden vertrieben wurden: Jetzt war Schluss. Endgültig Schluss, der Besitz geraubt, verbrannt und verteilt. Das, was sie besaßen, war wertvoll genug, selbst die Brillen, Goldzähne und Haare, um so mehr ihre Geschäfte, Häuser, Wohnungen und alles, was sich darin befand. Kultgegenstände, Synagogen und Schulen gingen in Flammen auf, wurden abgeräumt und so überbaut, dass ihre Spuren nicht mehr zu finden sind.
An all das erinnert das jüdische Museum in Franken. Weil nur der, der die Geschichte kennt, dafür sorgen kann, dass sie sich nicht wiederholt, weil nur der, der den Nachbarn kennt, wer mit ihm am Tisch sitzt und das Brot bricht, ihn nicht mehr als Fremden wahrnimmt. Im Erweiterungsbau ist ein Café: Hier gibt es regionale Köstlichkeiten für eine kleine Auszeit, Torten und Gebäck nach traditionellen Rezepten jüdischer Familien. Und jeden ersten Sonntag im Monat lädt das Museum zu einer kulinarischen Reise.
Lage des jüdischen Museums Franken in Fürth auf Karte
Öffnungszeiten, Aktionen und weitere Informationen erfahren sie auf der website des jüdischen Museums Franken.
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