Das Hirtenmuseum in Hersbruck
Das Deutsche Hirtenmuseum Hersbruck ist in einem Ackerbürgerhaus des 16. Jahrhunderts mit Scheune, Nebengebäude, Garten und großem Innenhof beheimatet. In Deutschland ist es das einzige Museum, das sich einem der ältesten Berufe der Menschheit widmet. Wer sich hier auf eine Zeitreise begibt, kommt an vielen Erinnerungen vorbei und entdeckt zahlreiche Gegenstände, die in früheren Haushalten unentbehrlich waren. Weil ich den EntdeckerPass vorlegen kann, spare ich mir den Eintritt, so wie bei vielen anderen Museen auch.
Hopfenanbau und Kuhweiden
Einstiger Besitzer des großen Anwesens war der Bäcker Paul Holzmann. Weil er Zeit seines Lebens lieber Junggeselle blieb, weder Frau noch Kinder hatte, stoppte ihn niemand in seiner Leidenschaft. Er sammelte alte Gegenstände, Dinge, die Hirten, Bauern und Handwerkern nutzten und im Lauf der Zeit durch neue austauschten. Damit bewahrte er sie vor dem Wegwerfen. Als 1933 in einigen seiner Räume eine Ausstellung zur Handwerkskunst gezeigt wurde, war das gewissermaßen die Geburtsstunde des Museums. Solange Holzmann lebte, hatte er seine Wohnung in dem großen Haus. Anschließend ging es in den Besitz der Gemeinde über. Da viele Exponate von Hirten aus Hersbruck und der Umgebung stammten, lag es nahe, den musealen Schwerpunkt auf die damals noch zahlreich umherziehenden Kuhhirten zu legen.
Große Rinderherden zur Versorgung der Städte
Geht es um große Rinderherden mit den Hirten, denken die meisten Menschen an die Cowboys, die im Wilden Westen Amerikas die Herden über riesige Steppen trieben. Doch große Rinderherden sind keine amerikanische Erfindung: Bereits zur Zeit der Wanderkaiser wurden Graurinder in großen Herden von der ungarischen Puszta über Passau, Regensburg und Nürnberg bis nach Paris getrieben. Sie waren wochenlang unterwegs, weideten auf Wiesen und Wegrändern, tranken aus Flüssen und Brunnen.
Die Idylle im Film ist spürbar
Das idyllische Leben der Hirten im Hersbrucker Land beschreibt ein 1959 gedrehter Film, zeigt eine Idylle, die es in Wirklichkeit so nie gab. Ich höre das Horn des Hirten, sehe, wie sich die Kühe am Brunnen oder Bach sammeln. Oft ist es die letzte Tränke vor der Weide. Die Tiere tragen die von den Hirten selbst gebogenen und bemalten Schellenbögen aus Nussbaumholz. Während der langen Wintermonate war genügend Zeit, diese herzustellen, ebenso wie die zu einem harmonischen Geläut aufeinander abgestimmten Kuhschellen. Im Film lebt eine längst vergangene Zeit noch einmal auf, eine Zeit, in der Hirten als Hochzeitsbitter an Türen klopften, Frauen und Männer Trachten trugen und zur Hochzeit den Sterntanz aufführten.
Das doppelköpfige Kalb ist eine Attraktion
Das doppelköpfige Kalb ist eines der Exponate im Hersbrucker Hirtenmuseum, das schon Großeltern als Kinder erlebten und heute ihren Enkeln zeigen. Doch für lange Zeit konnte niemand im Museum sagen, auf welcher Weide das Kalb geboren wurde, berichtet Ingrid Pflaum. Sie erzählt, dass eines Tages im Briefkasten ein Briefumschlag lag. Darin steckte ein schwarz-weißes Foto, leider ohne Beschreibung. Die Mitarbeiter des Museums ließen das Foto in der Zeitung veröffentlichen und baten die Leser um Hilfe und Aufklärung. Daraufhin meldete sich eine Frau. Sie erinnerte sich daran, dass ihr Großvater von der Geburt eines doppelköpfigen Kalbs erzählt hatte, und auch: „Das steht im Hirtenmuseum Hersbruck“. Da sie noch wusste, dass ihr Großvater einst Hirte in Reichenschwand war, konnte auch das Rätsel um die Herkunft des doppeköpfigen Kalbes gelöst werden.
Lange Peitschen in Glasvitrine
Sehen Kinder in der Glasvitrine, wie der Hirt die lange Ringelpeitsche um seinen Hals griffbereit trägt, bedauern sie die armen Tiere. Ingrid Pflaum beruhigt die Gemüter: „Das waren früher die Handys der Hirten“, erklärt sie schmunzelnd. Trat eine Kuh fehl und der Hirte war alleine bei der Herde, machte er die Dorfbewohner mit dem Peitschenknall auf seine Lage aufmerksam. Hörten sie ihn, konnten ihm die Bauern helfen. Die Hirten rund um Hersbruck trugen übrigens ihre eigene Tracht, sie wird ebenso im Hirtenmuseum erklärt wie die Trachten der Hirten aus anderen Ländern.
Jeder Hirte hatte seinen eigenen Ruf
Hörten die Kühe die Melodie des Hirten, seinen Ruf, kamen sie. Jeder Hirte, jedes Dorf hatte seinen eigenen Ruf. Leider ist diese Zeit vorbei. Kein Hirte treibt mehr Kühe zur Hut, keine Kühe laufen mehr frei durchs Dorf zur Weide. Die Rufe sind verstummt. Dabei gehörten sie für Jahrhunderte zum Klang der Dörfer, genau wie Läuten der Glocken, der Ruf des Kuckucks und das Gurren der Tauben. Heutzutage bestimmt dagegen das Dröhnen von Motoren und Rasenmähern die Klangkulisse ländlicher Idylle. Demnächst wird die Sammlung der vielen Hirtenlieder aufs Neue klingen, auf Knopfdruck, freut sich Museumsleiterin Ingrid Pflaum. Musiker und Alphornbauer Robert Vogel spielte die alten Stücke ein und die Besucher können sie künftig auf einer großen Karte passend zum jeweiligen Ort abrufen.
Spielzeug, Druckerpresse und Schmiede
Auch in den anderen Räumen des Hirtenmuseums finden Erwachsene und Kinder jede Menge Staunenswertes: Wer mit offenen Augen durch die einzelnen Zimmer streift, findet darin so viele alte Gebrauchsgegenstände versammelt, dass kein Zentimeter ungenutzt scheint. Und wie das Schaukelpferd Hansl hat im Museum jedes Teil seine ganz eigene Geschichte. Ingrid Pflaum erinnert sich an den Besuch einer Dame aus Amerika, die plötzlich ein Foto aus ihrer Tasche holte. Auf diesem war zu sehen, wie ein Kind auf ebenjenem Schaukelpferd saß: „Das bin ich!“, erklärte die Dame der Museumsleiterin. Und freute sich, dass ihr ehemaliges Kinderspielzeug hier erhalten war. Unweit des Schaukelpferdes steht eine alte Waschmaschine, sie erinnert an ein dickes Fass. Damit die Lebensmittel kühl blieben, wurde der Kühlschrank gegenüber mit Eis gefüllt. Wollte die Großmutter einkaufen, griff sie nach Weidenkorb, Blechkanne oder Tasche, wie die kleine Sonderausstellung „Vom Korb zur Plastiktüte“ zeigt.
Ein Schuhmacherladen im Museum
Als Ingrid Pflaum die in der Regel verschlossene Tür zum Schuhmacherladen öffnet, steigt der Duft nach Leder, Leim und Schuhwichse in die Nase. Viele Hersbrucker erinnern sich noch genau an den „Leder-Soergel“ und seinem speziellen Geruch, erzählt sie. Als der Lederhändler noch mit seinem Laden in der Stadt ansässig war, verkaufte er seine Waren an Handwerker und ganz normale Kundschaft gleichermaßen. Auf dem Tresen liegen zwei kleine, genagelte und etwas krumm getretene Kinderschuhe, auf den Regalen warten alte Schulranzen darauf, dass sie endlich von einem Schulkind getragen werden. An den Außenseiten der Schubladen sind genau die Gegenstände als Muster befestigt, die sich auch in ihnen befinden. Wer übrigens den original eingebauten Laden im Hirtenmuseum Hersbruck betreten möchte, sollte zu einer der öffentlichen Museumsführungen oder einem der Museumsfeste kommen, erklärt Pflaum. Zu anderen Zeiten bleibt dieser geschlossen und Besucher müssen sich die Nase am Schaufenster platt drücken.
Viele Stationen zum Mitmachen
Für Kinder und Erwachsene gibt es im Hirtenmuseum zahlreiche Stationen zum Mitmachen und Ausprobieren. Auch der jährlich stattfindende Hirtentag, das Schaffest und der Handwerkermarkt ist mindestens einen Besuch wert. An den ehemaligen Besitzer Paul Holzmann erinnert bis heute die große Holzmann-Stube, eine fränkische Stube, in der fröhliche Kindergeburtstage gefeiert werden können.
Öffnungszeiten:
Samstags und Sonntags jeweils von 10 Uhr bis 16 Uhr. Die öffentliche Hausführung, bei der auch der Schuhladen geöffnet ist, findet jeweils am 1. Sonntag jeden Monats statt.
Lage des Hirtenmuseum in Hersbruck auf der Karte
Wer in der Metropolregion Nürnberg auf Entdeckerreise gehen will, hält mit dem EntdeckerPass den richtigen Schlüssel in der Hand:
Für ein Kalenderjahr gibt es jeweils einmal freien Eintritt in mehr als 60 Museen, zu sieben Schlössern, Burgen und anderen Einrichtungen oder Ermäßigungen für andere Freizeitziele .
Hier können sie den EntdeckerPass bestellen.
Diese Ziele haben wir ebenfalls mit dem EntdeckerPass der Metropolregion Nürnberg erkundet. Ein Klick aufs Bild führt zum jeweiligen Beitrag.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln des VGN kommen Sie günstig und schnell nach Hersbruck
Wichtiger Hinweis: Hersbruck hat zwei Bahnhöfe: Der Bahnhof rechts der Pegnitz liegt näher am Museum.